NEWS / Internet-Kriminalität: 126.000 Hinweisen nachgegangen

22.08.2006 20:00 Uhr    Kommentare

Die Kriminalität im Internet nimmt rapide zu. Die von der deutschen Internet-Wirtschaft gegründete Initiative „no abuse in internet“ (naiin) ging in den Jahren 2000 bis 2005 mehr als 126.000 Hinweisen auf illegale Online-Aktivitäten nach. Daraus resultierten insgesamt 15.640 Ermittlungsverfahren. Das geht aus dem 5-Jahresbericht hervor, den die Initiative heute in Berlin vorgestellt hat. Die naiin-Beschwerdestelle „netwatch“ bearbeitete demnach allein im vergangenen Jahr 51.300 Beschwerden von Internet-Nutzern. Im Jahr 2004 waren es noch 30.260.

Vor allem der Handel mit Kinderpornografie hielt die Fahnder der Internet-Wirtschaft auf Trab. 57 Prozent der in den vergangenen fünf Jahren eingegangenen Beschwerden betrafen diesen Bereich. Aber auch der Rechtsextremismus ist nach wie vor präsent. Immerhin ein gutes Viertel der Hinweise (24 Prozent) behandelte rechtsextremistische Ausschweifungen – vorwiegend in Diskussionsforen. Weitere Problemfelder stellen sexuelle Übergriffe auf Kinder, Jugendschutz-Verstöße sowie diverse Betrugsformen dar. Vor allem das so genannte Phishing, bei dem Internet-Nutzer unter Vortäuschung falscher Tatsachen zur Herausgabe von Online-Banking-Daten und Kennwörter verleitet werden, sorgte in den vergangenen zwei Jahren für einen regelrechten Boom beim Cyber-Betrug.

“Wir bemühen uns erfolgreich uns dieser Entwicklung im Bereich der Internet-Straftaten entgegenzustellen. Dennoch müssen wir auch in den nächsten Jahren von einem weiteren Kriminalitätsanstieg ausgehen“, erläutert naiin-Geschäftsführer Dennis Grabowski. Er gibt der Politik eine Mitschuld an der Entwicklung. „Die Politik hat es bislang versäumt durch geeignete Maßnahmen ein Umfeld zu schaffen, in denen ein effizientes Vorgehen gegen Straftaten im Internet möglich ist.“
Von der großen Koalition habe sich die Initiative mehr erwartet. Ohnehin spiele das Internet in der politischen Diskussion nicht die Rolle, die es bereits in der Gesellschaft und Wirtschaft innehat, meint der naiin-Experte. „Bemühungen auf internationaler Ebene fehlen zum Teil völlig. Derzeit glänzt der Gesetzgeber vor allem durch Gesetzeslücken“, kritisiert Grabowski. Er spielt dabei auf eine vom Bundesgerichtshof aufgespürte Unzulänglichkeit im Sexualstrafrecht an. Bei dessen Reform im Jahr 2004 hatte der Gesetzgeber in laienhafter Manier sexuell aufreizende Nackt-Fotos von Kindern legalisiert.

Wo es in der Politik mangelt, soll die Initiative künftig ansetzen. Vor allem international hat naiin erheblich aufgerüstet und europäische Strukturen aufgebaut. In Kürze soll auch die Beschwerdestelle der Einrichtung mehrsprachig verfügbar sein und so als Anlaufstelle für alle europäischen Internet-Nutzer dienen, die auf strafbare Inhalte im weltweiten Datennetz stoßen. „Dieser europäische Schritt ist angesichts der Globalität des Internets überaus wichtig. naiin hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der schlagkräftigsten Einrichtungen gegen Internet-Kriminalität entwickelt. Daran wird nun auch ganz Europa teilhaben“, erklärt der ehemalige RTL-Chef und Medienexperte Prof. Dr. Helmut Thoma, der die Schirmherrschaft der Initiative übernommen hat.
Naiin zeige, dass man den von Pädokriminellen, Extremisten und Betrügern getragenen abscheulichen Entwicklungen nicht machtlos gegenüber stünde, so Thoma. Zugleich forderte er die wirtschaftlichen Kräfte, die im oder mit dem Internet arbeiten, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. „Jeder der vom weltweiten Datennetz profitiert – sei es wirtschaftlich, oder persönlich – sollte ein Interesse haben, dass dieses Medium nicht durch Kriminelle zweckentfremdet wird.“

Der naiin-Tätigkeitsbericht kann im Internet auf der naiin Hompage abgerufen werden. Zur Unterstützung der gemeinnützigen Initiative können im Übrigen nicht nur Unternehmen, sondern auch Internet-Nutzer durch eine Mitgliedschaft beitragen.

Quelle: E-Mail, Autor: Alexander Knogl
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